(Post-)Koloniale Monumente.

Denkmalinitiativen erinnern an die imperiale Übersee-Expansion Deutschlands

von Joachim Zeller

Ende September 2004 staunen die Hamburger nicht schlecht, als auf der Überseebrücke am Hafen ein alter Bekannter wieder auftaucht, der seit mehr als dreieinhalb Jahrzehnten im Depot magaziniert war: Die bronzene Gestalt von Hermann von Wissmann (1853-1905). In Herrenpose thront der Kolonialoffizier hoch oben auf seinem Sockel, als Assistenzfigur huldigt ihm ein "treuer Askari". Die Künstlerin Jokinen hatte lange mit den Behörden Hamburgs ringen müssen, um die Herausgabe des kolonialen Denkmalensembles durchzusetzen, das für vierzehn Monate der Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Das im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Vom Togokai zum Tanzaniapark - Hamburg postkolonial" (www.hamburg-postkolonial.de) angesiedelte Projekt zielt keineswegs darauf ab, Wissmann, den Afrikareisenden und einstmaligen Gouverneur von Deutsch-Ostafrika (heute Tanzania), wieder zu neuen Ehren kommen zu lassen. Vielmehr intendiert die Künstlerin einen "Nachdenkmal-Raum" medial verbunden mit dem Webforum www.afrika-hamburg.de. Das Portal lädt zu einer kritischen Debatte über die bis heute weitgehend marginalisierte deutsche Kolonialgeschichte und ihre Folgen ein. Dies schließt die Aufforderung ein, Einfluss auf den Symbolgehalt des Denkmals zu nehmen wie auch über dessen zukünftige Nutzung abgestimmt werden kann. Das Hamburger Beispiel ist sicherlich das interessanteste Projekt, bei dem das Medium Denkmal zur Schaffung eines gleichsam postkolonialen Erinnerungsraumes zum Einsatz kommt.

Mit ihrem partizipativen Konzept geht Jokinen einen originellen Weg im Umgang mit solcherart überkommenen Symbolen. Neu ist zudem die Transformierung eines Denkmals zu seinem eigenen Gegendenkmal, ein Monument, das eine lange, ja geradezu skurril anmutende Geschichte hinter sich hat. 1909 in Daressalam/Deutsch-Ostafrika errichtet und im Ersten Weltkrieg von den Engländern demontiert, stand es seit 1922 vor der Universität in Hamburg, wo es bis zum Zweiten Weltkrieg als Kulisse für zahlreiche Gedenkfeiern der kolonialrevisionistischen Bewegung dient. 1968 schließlich reißen Studenten das Abbild Wissmanns bei einer "antiimperialistischen Aktion" vom Sockel. Noch immer zeugen rote Farbe und ein angesägter Fuß an der bronzenen Wissmann-Figur vom damaligen Denkmalsturz, der sogar Eingang in die Literaturgeschichte findet. In seinem 1974 erschienenen Roman "Heißer Sommer" stellt der Schriftsteller Uwe Timm das Ereignis folgendermaßen dar: "Hau ruck. Wißmann wackelte. Beim zweiten Hau ruck kippte er kopfüber vom Sockel. Sein Tropenhelm bohrte sich in den braunen Rasen. Alle klatschten, schrien und liefen durcheinander. Der Askari blickte in einen Himmel, der jetzt von Wißmann befreit war."

Die Applizierung von kommentierenden Gedenktafeln - das seit den 1980er Jahren übliche Verfahren im Umgang mit umstrittenen kolonialen Monumenten - wählte man in anderen deutschen Städten. Von Dritte-Welt-Gruppen der Evangelischen Kirche im Rheinland initiiert, wird Mitte Oktober 2004 in Düsseldorf das auf dem Frankenplatz stehende, aus dem Jahr 1909 stammende Kolonialkriegerdenkmal durch eine Texttafel ergänzt. Gewidmet ist sie einer bisher vergessenen Opfergruppe, den "Menschen Namibias, die während des Kolonialkrieges 1904-1907 in 'Deutsch-Südwestafrika‘' dem Völkermord durch deutsche Truppen zum Opfer gefallen sind". Mit ihrer - über eine allgemein bleibende Opferrhetorik hinausgehende - Formulierung ist die Düsseldorfer Gedenktafel bundesweit die erste, auf der der Begriff "Völkermord" im Zusammenhang mit dem sich im Jahr 2004 zum hundertsten Mal jährenden Kolonialkrieg auftaucht.

Eine ähnliche Initiative in Münster war in den 1980er Jahren gescheitert. Dort hatte man seitens der Stadtverwaltung das - fragwürdige - Argument vorgebracht, der Völkermord-Begriff solle nicht inflationiert werden, außerdem könnten sich dem Betrachter unzulässige Analogien zur Vernichtungspraxis der Nationalsozialisten aufdrängen. Davon abgesehen, stolpert der Leser der Düsseldorfer Inschriftentafel über folgende Passage: "Es ist uns Mahnung, für die Würde aller Menschen, Völker und Rassen einzutreten." Dass der "Rasse"-Begriff schon seit langem obsolet ist, müsste sich herumgesprochen haben und weiß man auch im Kreis der Initiatoren. Nur fällt der Patzer leider zu spät auf. Wie zu hören ist, wird über eine entsprechende Änderung nachgedacht.

Die provisorische Gedenktafel, die im August 2004 durch den Trägerkreis "Erinnern - Deutsche Kolonialgeschichte aufarbeiten" am sog. Afrika-Stein auf dem Berliner Garnisonfriedhof zur Aufstellung kommt, überdauert nur wenige Tage, bis Unbekannte sie entwenden. Hier zeigt sich, welche handgreiflichen Formen die geschichtspolitischen Deutungskämpfe noch immer annehmen können. Die Tafel tradiert mit ihrer Inschrift "Zum Gedenken an die Opfer des deutschen Völkermordes in Namibia 1904-1908" ein kritisches Geschichtsbild, das ganz offensichtlich nicht von allen geteilt wird.

Zu einer anderen Form der Handgreiflichkeit kommt es im hessischen Witzenhausen. Dort hüllt im Juni 2004 die Initiative "Entschädigung sofort" anlässlich des jährlichen Mitgliedertreffens des "Verbandes der Tropenlandwirte" in der ehemaligen "Deutschen Kolonialschule" die Büste des Schulgründers, Ernst Albert Fabarius, in einen betongefüllten Metallmantel. Zur Begründung der Umwidmung der Büsten-Denkmals in ein Mahnmal heißt es, dass sich der Lehrplan der Schule auf Rassismus und aggressiven Nationalismus gegründet habe. Gefordert wird ein Schlussstrich unter die "verklärte Traditionspflege" sowie die Entschädigung der Opfer deutscher Kolonialherrschaft. Die "Deutsche Kolonialschule" bestand von 1898 bis 1956 und wird seither als "Deutsches Institut für tropische und subtropische Landwirtschaft" weitergeführt.

Auch in Braunschweig findet man zunächst nicht zu einem Konsens. Dort will das "Bündnis für den Frieden" am Volkstrauertag 2004 das in den 1920er Jahren errichtete Kolonialdenkmal im Prinzenpark zu einem "Anti-Kolonial-Denk-Mal" umwidmen, um die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft zu ehren (www.friedensbuendnis-bs.de). Die Informationstafel ist schon nach kurzer Zeit wieder verschwunden; eine Unterstützung aus dem Braunschweiger Rathaus bleibt dem Anliegen versagt. 2005 errichtet die Stadt ihrerseits eine erläuternde Texttafel, die als "Interimslösung" gedacht ist. Im Juli 2006 verhüllen Schüler der Integrierten Gesamtschule Franzsches Feld das Braunschweiger Kolonialdenkmal. Unter dem Motto "Denk mal anders" möchte die bis Oktober des Jahres dauernde Kunstaktion eine öffentliche Diskussion anstoßen. Das Schülerprojekt wird vom Kulturinstitut der Stadt finanziell gefördert. (siehe: www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/ denkmal-bs.htm)

Mitte Januar 2006 beabsichtigt das "Göttinger Antikolonialbündnis", das sog. Südwestafrika-Denkmal in Göttingen in ein antikoloniales Mahnmal für die Opfer des deutschen Kolonialismus umzuwidmen. Dazu wird eine Inschriftentafel vor dem Monument errichtet, auf der es u.a. heißt: "Wir Göttingerinnen und Göttinger gedenken der Menschen, die von den deutschen Kolonialtruppen ermordet wurden. Wir fordern die Bundesrepublik Deutschland auf, endlich ihre Verantwortung anzuerkennen und Entschädigung an die Nachkommen der Opfer zu zahlen." Die Tafel wird nach wenigen Tagen von der Stadtverwaltung entfernt (siehe: www.links partei-goettingen.de/bilder/kolonialdenkmal.htm). Ein Jahr später, Ende Januar 2007, zerschlagen Unbekannte die marmorne Gedenkplatte, die im Sockel des Denkmals eingelassen ist. "Schluss mit der Ehrung für Kolonialisten und Massenmörder!", heißt es in einer Bekenner-Email, die daraufhin beim 'Göttinger Tageblatt' eingeht. Mit der Zerstörungsaktion soll, so heißt es weiter, der "Grundstein (...) für ein antikoloniales Mahnmal" gelegt werden. Bereits 1978 war das Denkmal in die Schlagzeilen geraten, nachdem Unbekannte den bronzenen Adler gestohlen hatten, der den Sockel des Kolonialkriegerdenkmals krönte (siehe Göttinger Tageblatt: "Ein Denkmalstürzer bekennt sich"). Schließlich lässt im April 2007 die Stadt Göttingen eine mit kritischen Informationen zum Kolonialdenkmal versehene Zusatztafel aufstellen. Siehe hierzu:

www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/Goettingen-kolonialadler.htm

Eine Lücke im öffentlichen Gedächtnisraum galt es wiederum in Berlin zu schließen. Angeregt von dem aus Togo stammenden Grünen-Politiker und Vorstandsvorsitzenden des "Afrika-Forum e.V.", Victor Dzidzonou, wird Mitte November 2004 eine rund drei Meter hohe Gedenkstele enthüllt, die an die Westafrika-Konferenz von 1884/85 erinnert (am 26. Februar 2005 wird die zunächst provisorische durch die endgültige Fassung der Stele ersetzt und der Öffentlichkeit übergeben). Sie steht in der Wilhelmstraße an der Stelle, wo sich einst das Reichskanzlerpalais befand. Vor 120 Jahren hatte Reichskanzler Bismarck hier die erste Sitzung der "Kongo-Konferenz" eröffnet, auf der die Vertreter der Kolonialmächte die Aufteilung Afrikas verhandelten. Die Konferenz gilt heute als ein Menetekel für die Fremdbestimmung und Ausbeutung des afrikanischen Kontinents. Die längst überfällige Stele ist das erste koloniale Mahnmal in der historisch-politischen Topographie der deutschen Hauptstadt, wo 2004 mit der "Black Atlantic"-Reihe und der "Anticolonial Africa Conference" auch zwei wichtige Diskussionsveranstaltungen abgehalten werden.

In Berlin gibt es weitere, von Afrikanern und Afro-Deutschen in die Wege geleitete Aktionen wie den "Antikolonialen Spaziergang", der am 24. April 2004 durch das "Afrikanische Viertel" im Bezirk Wedding führt. An dem Rundgang nehmen ca. 50 Leute teil, darunter Togolesen, Flüchtlinge aus Brandenburger Flüchtlingsheimen und einige Deutsche. Sie verblüffen die Anwohner mit kritischen Redebeiträgen zu den zahlreichen kolonialen Straßennamen des Viertels. Unterwegs legen die Demonstranten einige "Denksteine" ab, selbst gefertigte Plakate mit Bild- und Textdokumenten zum Gedenken an die Opfer der Kolonialisierung Afrikas wie auf die bis heute anhaltenden neokolonialen Strukturen in der Weltwirtschaft hingewiesen wird. Anschließend zieht die Gruppe weiter zu der angrenzenden Kleingartenanlage "Dauerkolonie Togo e.V." (www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv). Es werden Informationen zur aktuellen politischen Lage in Togo und Berichte über die Abschiebepraxis der Bundesrepublik Deutschland vorgetragen und afrikanische Musik gespielt. Die Teilnehmer fordern die Umbenennung der Kleingartenanlage und einiger Straßennamen im Afrikanischen Viertel. Darüber hinaus kritisieren sie, dass keine einzige Straße in Berlin die Namen afrikanischer Freiheitskämpfer memoriert.

Dass Straßennamen zum Mental Mapping in den Städten beitragen, ist man sich auch in München bewusst, dessen urbane Topographie ebenfalls koloniale Straßennamen aufweist. Und so fordert ein von der Stadtratsfraktion von 'Bündnis 90/Die Grünen - rosa Liste' initiierter Antrag die Entkolonialisierung der Straßennamen im sog. Kolonialviertel im Stadtteil Trudering. Nach kontroversen Debatten beschließt daraufhin der Kommunalausschuss am 7. Dezember 2005 (gegen die Stimmen der CSU) die Von-Trotha-Straße umzubenennen. Auf Anregung des Stadtarchivs schlägt das Kommunalreferat nun den Namen "Hererostraße" vor. Ein Zusatzantrag der Grünen, auch die Wissmannstraße, die Von-Gravenreuth-Straße und die Dominikstraße umzubenennen, findet dagegen keine Mehrheit (www.gruene-muenchen-stadtrat.de).

Eine weitere Denkmalinitiative findet in Wilhelmshaven statt. Anfang Oktober 2005 wird in der dortigen Christus- und Garnisonkirche eine Gedenktafel eingeweiht, die an das bisher verschwiegene Leid der afrikanischen Bevölkerung im Kolonialkrieg von 1904-1907/08 in Namibia erinnert. Auf einer Plexiglasscheibe sind zusammen mit einer historischen Fotografie von kriegsgefangenen Herero folgende, aus der oralen Tradition der Herero stammende Worte eingeschrieben: "Wenn sie an einen Sandbrunnen kamen, und es gab Wasser, dann tranken die Krieger. Die Frauen tranken nicht, damit die Krieger Kraft hätten zu kämpfen. Und wenn sie Hunger hatten, sagten die Männer zu den Frauen: 'Das Kind kann ruhig sterben. Ich muss aus deiner Brust die Milch saugen, denn ich kann nicht anders, damit ich kämpfen kann.'" Das Zitat nimmt Bezug auf die verhängnisvolle Flucht der Herero durch die Omaheke-Halbwüste in den Monaten nach der Schlacht am Waterberg im August 1904. Die Plexiglasscheibe ist über einer älteren Gedenktafel installiert worden. Diese aus den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg stammende Marmortafel erinnert laut Widmungsinschrift an den "Aufstand in Deutsch-Südwest-Afrika" und listet die Namen von einigen deutschen Gefallenen des Kolonialkrieges zwischen dem Deutschen Reich und den Herero und Nama auf. Die Initiative, die auf den Gemeindeausschuss der Kirche zurückgeht, ist Teil der seit Jahren laufenden Auseinandersetzung mit der militärischen Symbolik des Wilhelmshavener Gotteshauses. Das Innere des Kirchenschiffes ist, wie bei Garnisonkirchen üblich, mit Gefallenenmälern, Wappen und Kriegsflaggen geschmückt. Darunter finden sich Gedenktafeln für Angehörige der Marine, die bei Schiffsunfällen, in Stürmen, Kolonialkriegen oder sonst in Übersee ums Leben kamen. Zwar findet die Wilhelmshavener Initiative auch Zuspruch, doch müssen sich die beiden verantwortlichen Gemeindepfarrer wiederholt den Vorwurf der mangelnden Vaterlandsliebe und des fehlenden Respekts vor den Toten gefallen lassen.

Die hier vorgestellten Denkmal(projekt)e wollen alles andere als Weihestätten sein. Von ihrer Intention her durchaus konfliktorientiert angelegt, wollen sie "Steine des Anstoßes" sein, um die Öffentlichkeit und ihr von kolonialhistorischer Indifferenz geprägtes Bewusstsein aufzurütteln. Nicht zuletzt treten die Initiatoren der immer noch weitverbreiteten Vorstellung entgegen, Deutschland sei eine "unbelastete Kolonialmacht" und die kolonialimperialistische Tradition eine quantité négligeable.

Und wenn zutrifft, was der Historiker Charles Maier anmerkte, dass im Kontext einer globalisierten Weltordnung die Geschichte des Kolonialismus sich als Meistererzählung durchsetzen und andere, in Konkurrenz dazu stehende Erzählungen der Moderne - etwa die des Fortschritts oder die des Holocaust - ablösen könnte, dann erscheinen die Denkmalinitiativen, und seien es auch nur Einzelaktionen mit lokaler Wirkung, in einem neuen Licht.

'Kolonial-Ehrenmal' in Bremen, 1932

(zeitgenössische Postkarte)

Das Monument in Form eines aufgesockelten afrikanischen Elefanten sollte an die im Ersten Weltkrieg verlorenen deutschen Kolonien erinnern. Anlässlich der Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990 ist das Denkmal auf Betreiben von Dritte-Welt- und Solidaritätsgruppen in ein antikoloniales Mahnmal umgewidmet worden. Die zu diesem Anlass vor dem Denkmal aufgestellte bronzene Gedenktafel trägt die Inschrift: "Das Deutsche Kolonial-Ehrenmal, ein Werk des Münchner Bildhauers Fritz Behn, wurde 1931 von der Deutschen Kolonialgesellschaft errichtet und am 6. Juli 1932 eingeweiht. Das Ehrenmal war schon damals in Bremen umstritten. An ihm entzündete sich die öffentliche Auseinandersetzung um die Frage nach der Zukunft des Zusammmenlebens von Völkern: in kolonialer Unterdrückung oder in einem gleichberechtigten Miteinander. Über einer Krypta erinnert der steinerne Elefant an die Gefallenen des 1. Weltkriegs in den ehemals deutschen Kolonien Afrikas. Zugleich war der Elefant Ausdruck Deutschlands kolonialer Vergangenheit wie auch der Forderung neokolonialer Bremer Kreise nach Rückgabe des ehemals deutschen Kolonialbesitzes. In der NS-Zeit stand der Elefant im Mittelpunkt von Bestrebungen des nationalsozialistischen Bremen, 'Stadt der Kolonien' im 'Dritten Reich' zu werden. Afrikas Probleme sind noch heute mit Kolonialismus, Rassismus und andauernder Ausbeutung eng verbunden. Afrikas Menschen haben unter grossen Opfern in Befreiungskämpfen erfolgreich Widerstand geleistet. Weltweit haben sich viele Menschen mit ihnen solidarisiert. Unsere Gesellschaft hat begonnen, aus dieser Entwicklung zu lernen. Afrika hat in Bremen neue Freunde gefunden. Dieses Denkmal ist ein Symbol für die Verantwortung, die uns aus der Geschichte erwächst." (Postkarte: Sammlung Joachim Zeller)

Das Motiv des Elefanten fand in der kolonialen Erinnerungskultur öfters Verwendung, so auch bei dem sog. "Elefantenorden", dem Abzeichen für Kolonialdeutsche. Das 1922 gestiftete Abzeichen stand Deutschen zu, die 1914-18 "im Interesse der Schutzgebiete" tätig gewesen sind. Es zeigt einen Elefanten vor einer Palme und die Umschrift: "Südsee - Afrika - Kiautschou". Der "Elefantenorden" wurde 1925 auch als Medaillon auf dem Kolonialgedenkstein in Nordhausen abgebildet.

(Foto: Joachim Zeller)

Plakette (Ton) mit der Inschrift "Kiel 1934 Reichskolonialbund" und der Figur eines Elefanten. Die Signatur "FB" dürfte auf den Bildhauer Fritz Behn verweisen. Die Plakette wurde anlässlich der jährlich stattfindenden Tagung des Reichskolonialbundes - hier in Kiel - herausgegeben.

Bereits 1988 hatte die Bremer Gewerkschaftsjugend der IG-Metall ein Antiapartheid-Denkmal vor dem ehemaligen Kolonialdenkmal errichtet. Die seitlich vor dem Denkmal aufgestellte Metalltafel trägt die Inschrift: "Für Menschenrechte gegen APARTHEID - IGM-Jugend Bremen - 1988". Aus der Metalltafel wurde der Umriss des afrikanischen Kontinents herausgeschnitten. Die markierten Gebiete der beiden Staaten Südafrika und Namibia sind mit Stacheldraht umzogen worden. Die Mitglieder der IG-Metall-Jugendorganisation widmeten auch den 'Elefanten' zum 'Anti-Kolonial-Denk-Mal' um. Um diese Absicht zu verdeutlichen, war an der Elefantenfigur ein großes Transparent mit der Aufschrift befestigt: "ANTI-KOLONIAL-DENK-MAL, GEWIDMET DEN OPFERN DES KOLONIALISMUS". (Foto:: Joachim Zeller)

Im Jahr 1996 hatte der damalige namibische Präsident Sam Nujoma anlässlich seines Staatsbesuches in der Bundesrepublik Deutschland zusammen mit dem Bremer Oberbürgermeister Henning Scherf eine weitere vor dem Denkmal installierte bronzene Gedenktafel eingeweiht. Die Inschrift lautet: "ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER DER DEUTSCHEN KOLONIALHERRSCHAFT IN NAMIBIA, 1884-1914/S.E. Dr. Sam Nujoma, Präsident der Republik Namibia/Dr. Henning Scherf, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen/eingeweiht 21. Juni 1996". Die Inschriftentafel provozierte den Widerspruch rechtsgerichteter-nationaler Kreise, wie diese im Jahr 2006 aufgenommene Fotografie belegt. Die Farbenkleckserei zitiert ganz offensichtlich die Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot der Nationalflagge des Deutschen Reiches von 1871 und des 'Dritten Reiches', des NS-Reiches von 1933-1945. (Foto: Michelle Moyd)

Am 11.8.2009 wird in Bremen neben dem Anti-Kolonial-Denk-Mal (Bremer Elefant) das Mahnmal "Im Gedenken an die Opfer des Völkermords in Namibia 1904-1908 und der Schlacht am Waterberg" der Öffentlichkeit übergeben. (Foto: Heiko Wegmann) Weitere Informationen zu dem Denkmalprojekt finden sich unter:  

www.ez.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen98.c.1915.de&font=0

und

www.az.com.na/politik/mahnmal-fr-opfer-der-schlacht-am-waterberg-und-des-kolonialkrieges.90807.php

(Foto: Heiko Wegmann)

Siehe auch:

DerElefant! Gemeinnütziger Verein für Vielfalt, Toleranz, Kreativität www.der-elefant-bremen.de

Das Motiv des Elefanten taucht auch bei diesem Kolonialdenkmal im französischen La Rochelle auf. Das 1937 errichtete Denkmal für die Pioniere der Côte-d’Ivoire erinnert an Amédée Brétignère, Marcel Treich-Laplène und Arthur Verdier. In der Inschrift heißt es: 'À la mémoire de trois conquérants pacifiques'. (Foto: J. Zeller, 2018)

Vor dem 'Königlichen Museum für Zentral-Afrika' in Tervuren bei Brüssel steht ebenfalls ein Monument mit einem Elefanten.
(Foto: Zeller, 1998)

Diese Elefanten sind Fassadenschmuck im Innenhof der Großen Reichenstraße 27 in Hamburg, Das 'Afrikahaus' wurde vom Kolonialkaufmann Adolph Woermann gebaut und ist weiterhin Sitz der Firma C. Woermann. (Foto: afrika-hamburg.de)

Das Ende September 2004 auf der Überseebrücke am Hamburger Hafen aufgestellte Wissmann-Denkmal (Foto: Jokinen)

 

Einweihung der ergänzenden Gedenktafel am Düsseldorfer Kolonialkriegerdenkmal am 12. Oktober 2004. Zu den Teilnehmern gehörten neben Vertretern der Evangelischen Kirche im Rheinland auch der namibische Pfarrer Jakob Frederick (links). Das Denkmal zeigt einen sterbenden Südwester Schutztruppensoldaten.

(Foto: A. Neumann)

 

Am 11. August 2004 - kurz vor dem hundertsten Jahrestag der "Schlacht am Waterberg" - kommen in Berlin etwa vierzig Teilnehmer auf dem Garnisonfriedhof am Columbiadamm zu einer Gedenkveranstaltung zusammen. Als Kulisse dient der sog. Afrika-Stein (früher Herero-Stein), der an einige Schutztruppensoldaten erinnert, die während des Kolonialkrieges von 1904 bis 1908 in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) gefallen sind. Zu der Erinnerungsfeier aufgerufen hat der Trägerkreis "Erinnern - Deutsche Kolonialgeschichte aufarbeiten". Vertreter der Bundesregierung, der Stadt Berlin oder der anderen Parteien sind nicht anwesend. Anlässlich der Feier wird eine provisorische Erinnerungstafel mit der Inschrift "Zum Gedenken an die Opfer des deutschen Völkermordes in Namibia 1904-1908" aufgestellt. Die Fotografie zeigt Israel Kaunatjike am Afrika-Stein mit der - kurze Zeit später gestohlenen - Erinnerungstafel; der gebürtige Namibier lebt seit vielen Jahren in Berlin. (Foto: J. Zeller)

 

Das Kolonialdenkmal in Braunschweig: Das 'Bündnis für den Frieden' plant anlässlich des Volkstrauertages 2004, das Denkmal zu einem 'Anti-Kolonial-Denk-Mal' umzuwidmen. (Foto: C. Kristen)

 

Die im April 2007 vor dem "Südwestafrika-Denkmal" in Göttingen errichtete Inschriftentafel. (Foto: N. Oschinski)

 

Der Grünen-Politiker Dr. Victor Dzidzonou an der von ihm im Jahr 2004/2005 initiierten Gedenkstele in Berlin. Das Denkmal erinnert an die Westafrika-Konferenz von 1884/85. (Foto: J. Zeller)

 

2004, als sich der sog. Herero-Krieg zum hundertsten Mal jährte, übergossen Unbekannte den Afrika-Stein auf dem Garnisonfriedhof in Berlin mit roter Farbe. (Foto: M. Baumeister)

 

Hundertster Jahrestag des Deutsch-Herero-Krieges am 12. Januar 2004: Aktion der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) am sog. Askari-Denkmal in Hamburg. Die GfbV führte solche Gedenkaktionen auch an den (Kolonial-)Denkmälern in Berlin, Göttingen, Bremen, Münster und Düsseldorf durch. Auf dem Spruchband heißt es: "Völkermord verjährt nicht! Vor 100 Jahren: Genozid der Deutschen Schutztruppe in Namibia". (Foto: Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., Göttingen)

 

Im Juni 2004 protestieren Mitglieder der afrodeutschen Gemeinschaft vor der "Neuen Wache" in Berlin gegen das Vergessen kolonialer Verbrechen. Anlass ist die von vielen als unzureichend empfundene Namibia-Resolution, die der Deutsche Bundestag kurz zuvor verabschiedet hatte. In der "Neuen Wache", der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland, werden die Opfer der Kolonialkriege nicht explizit erinnert. (Foto: U. Winkler)

 

Im November 2004, anlässlich des 120. Jahrestages der Berliner Westafrika-Konferenz von 1884/85, gibt es eine Demonstration von TeilnehmerInnen der "Anticolonial Africa Conference" vor der Neuen Wache Unter den Linden in Berlin. Es wird die Forderung erhoben, an der Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland eine weitere Gedenktafel anzubringen. Der Text der provisorischen Tafel lautet: "Jeder Kolonialismus ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Die Bundesrepublik gedenkt der Menschen in Afrika, Asien und Ozeanien, die durch den deutschen Kolonialismus verletzt, ihrer Würde beraubt, verjagt und ermordet wurden. Sie bittet die Nachfahren um Entschuldigung." - Die Bundesregierung und die Stadt Berlin sind dieser Forderung allerdings bis heute nicht nachgekommen. (Foto: Lotti, Indymedia) mehr >
www.de.indymedia.org/2004/11/98520.shtml

 

Teilnehmer des "Antikolonialen Spazierganges" am 24. April 2004 in Berlin. Der Rundgang führt zunächst durch das "Afrikanische Viertel" im Stadtteil Wedding und anschließend zur "Dauerkolonie Togo e.V.". (Foto: Fadl/Umbruch Bildarchiv)

 

Die im Oktober 2005 eingeweihte Inschriftentafel aus Plexiglas in der Christus- und Garnisonkirche in Wilhelmshaven. (Foto: B. Lübbe)

 

Abschlusskundgebung des Maji-Maji-Gedenkzuges am 27. August 2005 in Berlin, der an die Opfer des Kolonialkrieges von 1905-1907 in Deutsch-Ostafrika (heute Tanzania) erinnern soll. Die Buchstaben "MAJI MAJI KRIEG" stammen von dem Künstler Hüseyin Arda. Da keine Genehmigung vorliegt, können die Buchstaben als temporäres Denkmal nur an dem Tag der Kundgebung auf dem Platz aufgestellt werden. Ein zweiter Gedenkzug findet am 13. November 2005, ein dritter am 1. Oktober 2006 statt. Die Gedenkaktionen werden von der Berliner Werkstatt der Kulturen, der "Umoja wa Watanzania Berlin/Brandenburg" (Verein der Tansanier in Berlin und Brandenburg) und zahlreichen Einzelpersonen durchgeführt. Bei den Gedenkzügen und Mahnwachen treten drei Gruppen von TeilnehmerInnen auf: Schwarze in schwarzer Kleidung mit Hals- und Fußketten und schwarzen Fahnen an Holzstöcken, Weiße in weißer Kleidung mit Fackeln sowie Mitglieder des Jugendtrommelprojektes Bando. Zudem treten drei Stelzenläufer auf, die als Kolonialherr (mit Tropenhelm und Peitsche), als Wasser und als Feuer kostümiert sind. Es werden Flyer an Passanten verteilt, die über den Kolonialkrieg und die deutsche Kolonialgeschichte informieren. (Foto: R. Gründer)

 

Stolperstein für Mahjub bin Adam Mohamed, eingeweiht am 14. September 2007 in der Brunnenstraße 193 in Berlin-Mitte. Das Mahnmal erinnert an Mahjub bin Adam Mohamed, der 1944 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet wurde. Der Sudanese Mahjub bin Adam Mohamed (geb. 1904) stammte aus Daressalam, der Hauptstadt des damaligen Deutsch-Ostafrika (heute Tanzania). Im Ersten Weltkrieg diente er als Kindersoldat in der deutsch-ostafrikanischen 'Schutztruppe', Ende 1929 kam er als Kolonialmigrant nach Deutschland und gehörte hier zu den bekanntesten Persönlichkeiten unter den Schwarzen Deutschen. Neben seinen Engagements beim Film, schlug er sich als Kellner und als Kiswahili-Lehrer am Berliner Orientalischen Seminar durch und war seit 1933 mit der Sudetendeutschen Maria Schwandner verheiratet.

Initiiert und gestiftet hat den Stolperstein der Kölner Verein 'KopfWelten - gegen Rassismus und Intoleranz e.V.'. Das Denkmalprojekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Günter Demnig realisiert. Das Bild zeigt den Stolperstein und die ein paar Tage zuvor erschienene Biographie des Deutsch-Afrikaners von Marianne Bechhaus-Gerst: 'Treu bis in den Tod. Von Deutsch-Ostafrika nach Sachsenhausen - Eine Lebensgeschichte'.

 

Anlässlich der Verbandstagung des 'Traditionsverbandes ehemaliger Schutz- und Überseetruppen - Freunde der früheren deutschen Schutzgebiete e.V.' protestiert das Bürgerbündnis 'Bunt statt Braun' am 14. Oktober 2007 vor dem Wissmann-Denkmal in Bad Lauterberg im Harz. "Durch den Verband", so der Sprecher von 'Bunt statt Braun', "werden Verbrechen Deutscher an Afrikanern verherrlicht, es liegt Geschichtsrevisionismus vor, außerdem wird der Rechtsradikalismus unterstützt. Das Denkmal von Hermann Wissmann steht für einen Kriegsverbrecher mit hunderttausenden von toten Afrikanern. Der BSB fordert die Einstellung der Verherrlichung der Kolonialverbrechen und setzt sich dafür ein, dass Informationstafeln am Denkmal und in der Kurverwaltung über die wahre Kolonialgeschichte im Zusammenhang mit Hermann von Wissmann erstellt werden. Auch wird sich das Bürgerbündnis dafür einsetzen, dass den Neokolonialisten künftig nicht mehr der städtische Kursaal für derartige Veranstaltungen zur Verfügung gestellt wird." (Foto: 'Harzkurier', 16.10.2007)

s. auch Proteste in Bad Lauterberg in den 1980er Jahren -> afrika-hamburg.de/aktuelles.html

 

Am 9. November 2007 wird in München die 'Von-Trotha-Straße' in 'Hererostraße' umbenannt. Treibende Kraft war Siegfried Benker von Bündnis 90/Die Grünen. (Foto: Bündnis 90/Die Grünen, München)

 

In Berlin-Mitte gibt es die 'Mohrenstraße' und den nach ihr benannten 'U-Bahnhof Mohrenstraße'. Den Namen hatte die Straße Ende des 17. Jahrhundert erhalten, weil dort eine Delegation afrikanischer Repräsentanten aus der damaligen brandenburgischen Kolonie Großfriedrichsburg in Westafrika (heute: Ghana) in einem Gasthaus vor den Toren Berlins einquartiert war. Die Abordnung von Ältesten stand unter der Leitung des Chiefs Janke aus dem Dorf Poqueso, dem heutigen Princes Town. Seit Jahren werden heftige Auseinandersetzungen um das Für und Wider einer Umbenennung des Straßennamens geführt. Unbekannte, die ganz offensichtlich mit der Bezeichnung nicht einverstanden sind, haben durch das Einritzen von ö-Strichelchen auf den Straßen- und U-Bahnschildern das Wort in 'Möhrenstraße' verwandelt. Ein Eingriff, der sich als subversiver Beitrag zu dieser Debatte versteht. Am 12. Februar 2009 kam es zu einer weiteren Umbennenungsaktion im Rahmen der Kampagne 'Pink Rabbit' der Naturfreundejugend Berlin. Die Mohrenstrasse wurde durch einen Hasen abermals in 'Möhrenstrasse' abgewandelt. Weitere Informationen finden sich auf folgender Website, der auch dieses Foto entnommen ist: 

www.pink-rabbit.org

www.naturfreunde-berlin.de/pink/media/downloads/Flyer_Moehre_4C.pdf

Namibia-Gedenkstein in Berlin
 
Am Freitag, den 2. Oktober 2009 ist auf dem
Garnisonfriedhof am Columbiadamm in
Berlin-Neukölln ein Gedenkstein für die Opfer
der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia
eingeweiht worden. An diesem Tag jährt sich
zum 105. Mal der berüchtigte Vernichtungsbefehl
von General Lothar von Trotha vom 2. Oktober 1904.
Der Gedenkstein findet seinen Platz am Afrika-Stein,
früher Herero-Stein genannt, der aus dem Jahr 1907
stammt und einige deutsche Schutztruppensoldaten
memoriert, die im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika
im Kolonialkrieg gegen die Herero und Nama gefallen sind. Auf der neuen steinernen Tafel mit den Umrissen des Staates Namibia ist folgende Inschrift eingelassen: "Zum Gedenken an die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia 1884-1915, insbesondere des Kolonialkrieges von 1904-1907. Die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt Neukölln von Berlin. 'Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft' (Wilhelm von Humboldt)".
 
Zur Einweihungsfeier versammeln sich rund 70 Teilnehmer in der Kapelle des Friedhofes, darunter der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, der Botschafter der Republik Namibia, Neville Gertze, Repräsentanten der Parteien in der Bezirksverordnetenversammlung, des Auswärtigen Amtes, der Kirchen und zivilgesellschaftlicher Organisationen. Nach den Ansprachen gehen die Teilnehmer zum Gedenkstein, wo Botschafter Gertze die Enthüllung vornimmt.
 
Schon seit Jahren hatte es heftige Auseinandersetzungen um die Inschriftengestaltung gegeben. Auch die jetzige Formulierung bleibt nicht ohne Kritik vor allem von Seiten zivilgesellschaftlicher Gruppen, zu denen der Afrika-Rat, der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER), Berlin Postkolonial, die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), p.art.ners berlin-windhoek, der Solidaritätsdienst-International (SODI) und die Werkstatt der Kulturen gehören. Deren Vertreter, denen es nicht gestattet ist, bei der Gedenkfeier zu sprechen, monieren in einer Presseerklärung, dass in der Inschrift lediglich von einem "Kolonialkrieg" die Rede ist. Dies komme einer Verharmlosung des Genozids an den Herero und Nama gleich und sei nicht für die Versöhnung mit Namibia geeignet.
 
In der Tageszeitung (taz) vom 29.9.2009 wird der Neuköllner Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) zitiert, der darauf hinweist, dass der Inschriftentext mit dem Auswärtigen Amt, der namibischen Botschaft, der Senatskanzlei und der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln abgestimmt worden sei. Das Auswärtige Amt habe "dringend davon abgeraten", den Terminus Völkermord zu verwenden. "Ich kann in Neukölln nicht etwas auf einen Stein schreiben, was das Auswärtige Amt nicht absegnet", sagte Blesing weiter. Welche Möglichkeiten tatsächlich bestanden haben, gegen den Druck des Auswärtigen Amtes einen alternativen Inschriftentext politisch durchsetzen zu können, muss dahin gestellt bleiben. Jedenfalls verwendete der namibische Botschafter Gertze den Genozid-Begriff in seiner Rede zwei Mal.

Berlin, 15. November 2009: Aus Anlass des 125. Jahrestages der Berliner Afrika-Konferenz nehmen ca. 300 Menschen an einer Demonstration teil. Der Demonstrationszug führt von der Afrika-Stele in der Wilhelmstraße durch die Mohrenstraße zur Neuen Wache Unter den Linden (Foto). Die von einem
zivilgesellschaftlichen Bündnis von NROs, Gewerkschaften, Politikern und Prominenten getragene Kampagne 125 Jahre Berliner Afrika-Konferenz: erinnern - aufarbeiten - wiedergutmachen setzt sich für einen grundlegenden Wandel im Umgang mit der deutschen Kolonialvergangenheit und für die Wiedergutmachung kolonialen Unrechts ein. Zum Abschluss der Kampagne am 27. Februar 2010 ist ein Gedenkmarsch für die Opfer des Kolonialismus und Rassismus geplant.
www.berliner-afrika-konferenz.de

Am 27. Februar 2010 findet in Berlin-Kreuzberg die Umbenennung des "Gröbenufers" in "May-Ayim-Ufer" statt. Die Initiative für die neue Straßenbenennung ging von zivilgesellschaftlichen Gruppen aus, darunter Berlin Postkolonial, der Berliner entwicklungspolitische Ratschlag (BER), die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD), die Werkstatt der Kulturen (WdK) und AfricAvenir. Ende Mai 2009 hatte die BVV Friedrichshain-Kreuzberg die Umbenennung mit den Stimmen von GRÜNEN, SPD und LINKE beschlossen. Die Initiative ist von heftigen Kontroversen über das Für und Wider begleitet gewesen. Otto Friedrich von der Gröben (1657-1728) war im Juli 1682 im Auftrag des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm an die westafrikanische Küste gesegelt, um die Festung "Großfriedrichsburg" (im heutigen Ghana) zu errichten. Die Stützpunktkolonie, bestehend aus einem etwa 30 km langen Landstrich mit dem namensgebenden Hauptfort und weiteren Befestigungsanlagen, diente vor allem dem Sklavenhandel. Nach vorsichtigen Schätzungen sollen von Großfriedrichsburg mindestens 30.000 Afrikaner als Sklaven nach Übersee verschleppt worden sein - ein trübes, bisher noch immer in der breiten Öffentlichkeit weitgehend  unbekanntes Kapitel der Geschichte Brandenburg-Preußens. 1717 endete das "Kolonialabenteuer", als Friedrich Wilhelm I., der "Soldatenkönig", die Kolonie Großfriedrichsburg an die Niederländische Westindien-Kompanie verkaufte.
 
Die seit dem Jahr 1895 nach dem Kolonialisten Gröben benannte Straße an der Oberbaumbrücke wird zukünftig den Namen von May Ayim tragen. May Ayim (1960-1996), Tochter eines Ghanaers und einer Deutschen, war eine afrodeutsche Dichterin, Pädagogin und Aktivistin der Frauenbewegung und Schwarzen Community. Ayim gehörte zu dem Herausgeberteam, das im Jahr 1986 den Sammelband "Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte" publizierte. Mit diesem Buch manifestierte sich eine erste öffentliche Selbstdefinition Schwarzer Menschen in Deutschland.
 
Im Anschluss an den Festakt zur Umbenennung des Gröbenufers findet der "4. Gedenkmarsch zur Erinnerung an die afrikanischen Opfer von Sklavenhandel, Sklaverei, Kolonialismus und rassistischer Gewalt" statt. Der Gedenkmarsch gilt dieses Jahr als Abschluss der Kampagne "125 Jahre Berliner Afrika-Konferenz", die von einem Bündnis von mehr als 70 Vereinen und Organisationen unterstützt wurde.
 

Am 8. Juni 2012 wird in Berlin-Wedding an der Ecke Müllerstraße/Otawistraße die Informationstafel zur Geschichte des 'Afrikanischen Viertels' der Öffentlichkeit übergeben. In der postkolonialen Erinnerungskultur Deutschlands stellt die Stele ein Novum dar, denn auf ihr finden sich zwei verschiedene Texte zum Afrikanischen Viertel. Der eine Text stammt vom Bezirk Berlin-Mitte (initiiert durch die SPD), der andere von einem NGO-Bündnis (ADEFRA - Schwarze Frauen in Deutschland, AfricAvenir International e.V., Afrika-Rat Berlin-Brandenburg e.V., Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag e.V., Berlin Postkolonial e.V., Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, ISD Bund e.V.). Die Stele soll eine offene postkoloniale Diskussion im öffentlichen Raum anstoßen und dazu beitragen, (weiße) hegemoniale Perspektiven aufzubrechen. Bei der Einweihung kommt es jedoch zu Protesten von Vertretern der Schwarzen Community, da sich der Text des NGO-Bündnisses quasi auf der Rückseite der zweiseitig gestalteten Infostele befindet. Es wird moniert, dass dadurch der Eindruck einer unzulässigen Gewichtung der beiden Texte entstehen könnte. (Fotos: Joachim Zeller)

Gedenktafel in der Wilhemstraße 62 in Berlin. Die im Juli 2019 eingeweihte und vom Verein Berlin Postkolonial initiierte Tafel erinnert an die Übergabe der so genannten Dibobe-Petition im Reichskolonialministerium im Sommer 1919. Finanziert wurde die Tafel auf Empfehlung des Historischen Beirats durch das Land Berlin. Die Dibobe-Petition ist eines der ersten Dokumente des kollektiven Widerstands der afrikanischen Diaspora in Deutschland gegen Kolonialismus und Rassismus. Die aus dem heutigen Kamerun und Tansania stammenden Unterzeichner der an die Weimarer Nationalversammlung gerichteten Eingabe wandten sich gegen den Bruch der Völker- und Menschenrechte in den deutschen Überseekolonien. Ihren Namen erhielt die Petition nach dem aus Douala/Kamerun stammenden Martin Quane a Dibobe, der sich während der Versailler Friedensverhandlungen an den Reichskolonialminister Johannes Bell wandte, um gegen die Missstände in den Kolonien zu protestieren. Dibobe und seine Mitstreiter forderten "Gleichberechtigung und Selbstständigkeit" für die Menschen in und aus den deutschen Kolonien. Bereits Ende Oktober 2016 ist an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Kuglerstraße 44 eine Gedenktafel für Martin Quane a Dibobe (1876 - nach 1922) enthüllt worden. Dibobe kam 1896 als Kontraktarbeiter im Rahmen der Berliner Gewerbeausstellung nach Berlin. Er blieb in Berlin, heiratete 1900 die Berlinerin Helene Noster, machte eine Lehre bei Siemens und arbeitete bis 1919 als Zugführer bei den Berliner Verkehrs-Betrieben, der heutigen BVG. Im U-Bahnhof Hallesches Tor erinnert eine Fotografie an Dibobe.

Der neue Gedenkstein für die "Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia" auf dem Garnisonfriedhof in Berlin-Neukölln (Foto: J. Zeller)

Die Teilnehmer der Gedenkfeier bei der Enthüllung des Namibia-Gedenksteines. (Foto: J. Zeller)

Jahrelang war in Berlin um die Inschriftengestaltung des neuen Namibia-Gedenksteines gestritten worden. Eine erste Gedenktafel hatte man im Jahr 2006 fertiggestellt, die jedoch nicht an ihrem Bestimmungsort zur Aufstellung kam, sondern anschließend in einem Flur der Neuköllner Friedhofsverwaltung verstaubte. Die Inschrift, die man für diese Tafel wählte, lautet: "Hundert Jahre nach der blutigen Niederschlagung antikolonialer Aufstände durch die deutsche Kolonialtruppe in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika gedenken wir der ungezählten, vermutlich mehr als 60.000 Opfer. Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksamt Neukölln Berlin 2006." (Foto: J. Wendt)

Foto: Berlin Postkolonial

Foto: J. Zeller

Foto: J. Zeller

Umbenennungsaktion eines kolonialen Straßennamens: Im August 2010 versuchen Bürger der Stadt Ravensburg mit einer Unterschrifteninitiative die Umbenennung des Petersweges zu erreichen. Dafür wird auch ein Leibchen mit der Aufschrift "Weg mit Hänge-Peters" an das Straßenschild gehängt. Es wird der Vorschlag gemacht, den Weg nach den Opfern des Kolonialisten Carl Peters (1856-1918) zu benennen. (Foto: Schwäbische Zeitung, 13.8.2010) S. auch: www.freedom-roads.de

Am 20. Juni 2011 wird in Berlin-Dahlem in der Lansstraße eine Stele eingeweiht, die über die Geschichte der Lans-, Taku- und Iltisstraße informiert. Die Tafel wurde im Auftrag des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf ausgeführt. Das Namensensemble der drei Straßen erinnert an die Rolle des Deutschen Reiches im sog. Boxerkrieg in China 1900/01. Am 17. Juni 1900 fand eine Schlacht um das Takufort statt, die den Krieg gegen das chinesische Kaiserreich eröffnete; Korvettenkapitän Wilhelm Lans war als Befehlshaber des Kanonenbootes "Iltis" an der Schlacht beteiligt. Dieser Kolonialkrieg soll mehrere hunderttausend Tote unter der einheimischen Bevölkerung gekostet haben.

Am 9. Dezember 2011 veranstaltet die Initiative freedom roads! die postkoloniale Kunstperformance "Kasernenechos: Widerstand und Widerhall" im Gedenken an den 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Tansanias. Die tansanische Stadt Dar es Salaam ist seit dem letzten Jahr Städtepartner Hamburgs. Der performative Rundgang auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in Hamburg-Jenfeld wird durch einen Polizeieinsatz jäh abgebrochen.
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Philip Metz: Le héros invisible, Inschrift auf dem leeren Sockel: "Zu Ehren der für das deutsche Vaterland gefallenen kameruner Soldaten - 1914-1918", Aufstellung des Denkmals hier vor der Volksbühne Berlin, 2015. Der deutsch-ghanaische Künstler Philip Metz greift mit diesem bereits an verschiedenen Orten gezeigten Denkmalprojekt eine Leerstelle des Gedenkens auf. Memoriert werden die "Unsichtbaren Helden", d.h. jene Menschen aus den afrikanischen Kolonien, die im Ersten Weltkrieg für die Kolonialmächte sinnlos gestorben und heute weitgehend vergessen sind. Die Arbeit gehört zu dem Werkzyklus ADLER AFRIKA, der sich mit deutscher Geschichte auf dem afrikanischen Kontinent auseinandersetzt. Metz erinnert unter anderem an ein bis heute wenig bekanntes Kapitel kurbrandenburgisch-preußischer Geschichte, den Kolonisationsversuchen, die Ende des siebzehnten Jahrhunderts unter Friedrich Wilhelm an der westafrikanischen Küste unternommen wurden. Der Kurfürst hatte 1682 an der so genannten Goldküste einen etwa 30 km langen Landstrich besetzt und in den folgenden Jahren das Fort "Großfriedrichsburg" errichteten lassen, das der Stützpunktkolonie den Namen gab. Die im heutigen Ghana liegende Festung diente vor allem auch dem Sklavenhandel. Nach vorsichtigen Schätzungen sollen von dort mindestens 20-30.000 Menschen über den Atlantik nach Amerika verschleppt worden sein. Siehe auch: www.philipmetz.de. (Foto: Joachim Zeller)

 

 

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Das Wißmann-Denkmal auf Reisen durch Länder und Zeitalter - zur Geschichte

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Schwarz-Weiß-Symbolik - Das Hamburger Wißmann-Denkmal im Vergleich zu zeitgenössischen Entwürfen

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Kolonialdenkmäler und partizipative Plastik - Erinnerungskulturen, Mythen, Antithesen, Inversionen

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(Post)koloniale Monumente - Denkmalinitiativen erinnern an die imperiale Übersee-Expansion Deutschlands

Welche eigenen Vorstellungen haben Hamburger Schülerinnen und Schüler vom Wißmann-Denkmal?

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