10.4.2014
Indigo und Zucker, Palmöl und Kautschuk - Harburg Postkolonial
 
ein Projekt der Goethe Schule Harburg
im Rahmen des Programms 'Kulturagenten für Kreative Schulen'
Kulturagentin: Tatjana Heininger
BetreuungslehrerInnen: Annelie Müller und Ewald Vilaumi
Künstlerin: HMJokinen
 
Eine siebte Klasse der Goethe Schule Harburg hat sich in der Projektwoche 17.-21.3.2014 der postkolonialen Spurensuche im Stadtraum und der künstlerischen Performance gewidmet.
 
Beim Rundgang Füllhorn und Panzerkorvette: Spuren der Kolonialmetropole Hamburg lernten sie zunächst die historischen und heutigen Zeichen in Hamburgs City, die auf die überseeischen Handelsbeziehungen verweisen, zu lesen und zu deuten.
 
In einem zweiten Schritt wurden die SchülerInnen bei der Tour Wandsbek World White Revisited auf den Spuren des Wandsbeker Sklavenhändlers Schimmelmann in die Methodik der künstlerischen Performance eingeführt.
 
Dann wurde der eigene Stadtteil Harburg untersucht. Dort fanden die SchülerInnen vielfältige koloniale Spuren über Jahrhunderte hinweg.
 
Die SchülerInnen wählten im historischen Zentrum Harburgs vier Orte für ihre Performances: Bornemannsche Blaufärberei (Indigo), 'Kaufhaus' Bode & Kroos (Kolonialwaren en gros, Zuckersiederei), Thörl’s Vereinigte Harburger Oelfabrik Aktiengesellschaft (Palm- und Kokosöl) und Harburger Salpeterfabrik Francke & Eger (Salpeter aus Chile, später Palmspeicher). Einen zentralen Bestandteil der Arbeiten bildeten die Geschichte des Widerstands und die Stimmen der Menschen, die gegen das koloniale Unrecht aufstanden. In Kleingruppen wurden die vier Performances mit Zitaten und eigenen Texten, mit Requisite, Projektionen und Bühnenbild konzipiert und intensiv geprobt, dann sowohl im Stadtraum als auch vor Publikum in der Schule aufgeführt.
 
Füllhorn und Panzerkorvette: Zeichen der Kolonialmetropole Hamburg, Stadrundgang
 
Wandsbek World White Revisited, Stadrundgang
 
Indigo-Performance mit Anh, Artur, Belgin, Johanne, Nuri
 
'Kaufhaus'-Performance mit Alicia, Bianka, Jessica, Josina, Lore
 
Palmöl-Performance mit Bruna, Cedric, Mehmet, Moritz
 
Salpeter-Performance mit Felix, Lavdim, Miran, Patrick

 
 
"Frühe Spuren der Verarbeitung von Kolonialwaren verweisen vor allem auf Zucker und Tabak, Indigo und Baumwolle. So entstand hier 1704 eine Tabakmanufaktur, 1733 eine Zuckersiederei. Sie verarbeitete Rohrzucker vor allem von Sklavenplantagen der Karibik und Brasiliens ...
 
Die Geschichte und Stadtentwicklung Harburgs ist spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts kaum anders als in globaler Perspektive zu verstehen. Ein erheblicher Teil der Aufstiegsgeschichte Harburgs als bedeutender europäischer Industriestandort spielt in Westafrika, Ostafrika, Südostasien und Südamerika." Gordon Uhlmann: Palmöl, Kopra, Kautschuk: Koloniale Spuren in Harburg

 
 

 

 
Harburg auf kolonialen Spuren- ein Stadtplan. Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken.
 
 

 

 
Wandbild in der Harburger Schlosstraße. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Harburg an die Eisenbahn angeschlossen, der Hafen wurde erweitert und die Schloten rauchten. "In Harburgs Palmkernölfabriken wurde um 1890 mehr als ein Drittel der gesamten nach Europa importierten Menge an Palmkernen verarbeitet. Wert- und mengenmäßig landete in Harburgs spezialisierten Fabriken um 1900 zeitweise der größte Teil eingeführter Rohstoffe aus den reichsdeutschen Kolonien: neben Palmöl und Palmkernen vor allem Kokosnussöl und Kopra, neben Kautschuk auch Guttapercha."
Gordon Uhlmann, a.a.O.
 
In den sieben Ölfabriken und fünf Gummifabriken, die Rohstoffe aus den Kolonien verarbeiteten, in den sieben zuarbeitenden Maschinenfabriken und Eisengießereien, auf den drei Schiffswerften sowie in weiteren Betrieben, die vom Kolonialhandel profitierten, war damals rund die Hälfte der Harburger Bevölkerung beschäftigt. "Bei den in Harburg verarbeiteten tropischen Rohstoffen handelt es sich um gigantische Mengen, die aufgehäuft den Gesamtbereich um den Harburger Binnenhafen zwischen Karnapp und Süderelbe, Nartenstraße und Ziegelwiesenkanal allein mit Palmkernen viele Meter hoch überdecken würden. Die Spuren der überseeischen Warenströme stecken hier buchstäblich in den Ritzen vieler Gebäude und im Hafenschlick."
Gordon Uhlmann, a.a.O.
 
 
 
 
 
 

Die Photos auf dieser Seite und alle nachfolgenden Photos der Rundgänge und Performances der Goethe-Schule Harburg:
Ewald Vilaumi, HMJokinen