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 Die objektive Buchquelle
Autor: Thomas D. 
Datum:   

Buch des objektiv arbeitenden Autors und Geschichtswissenschaftlers
Dr. Claus Nordbruch
"Völkermord an den Herero in Deutsch-Südwestafrika?
Die Widerlegung einer Lüge!"

 
 Re: Die objektive Buchquelle
Autor: Arne 
Datum:   

Das Buch von Herrn Dr. Nordbruch ist auch im Traditionsverband ehem. Schutz- und Überseetruppen umstritten. Der Verband, der sich um wahrhaftige Darstellung der Kolonialgeschichte bemüht und dem von Kritikern regelmäßig vorgeworfen wird die Geschichte nur in schönem Licht darzustellen, hat im Mitteilungsblatt und im Magazin auf der Internetseite dazu eine interessante Rezension veröffentlicht:

http://www.traditionsverband.de/magazin/voelkermord.html

Arne

 
 "rote" Thesen?
Autor: Kai W. 
Datum:   

Mit dem Titel ?Mit braunen gegen rote Thesen - Eine vertane Chance? veröffentlichen der Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen und Wolfgang Reith ein Papier, das sich einerseits von den zitierten Quellen in Claus Nordbruchs polemischem Buch zu distanzieren sucht, aber nicht von dessen Schlussfolgerungen. Der Author tut andererseits Wissenschaftler, deren Forschungsergebnisse nicht auf der ideologischen Linie des Traditionsverbands sind, als unseriös ab.

Auf der einen Seite also ?braune Thesen? eines Claus Nordbruch, auf der anderen angeblich die ?rote Kolportage? und ?pseudowissenschaftliche Veröffentlichungen sozialistisch orientierter? Historiker - dazwischen die historische ?Wahrheit?, die der Traditionsverband zu vertreten glaubt, nämlich, dass es keinen Völkermord gegeben habe. Doch die angeführten Beispiele über Motivationen und Truppenbewegungen überzeugen jedoch nicht.

Schaut man genau hin, sind die Thesen von Wolfgang Reith selbst reichlich pauschal. Reith kritisiert, dass andere Veröffentlichungen ?aus Unkenntnis? die Völkermordthese vertreten und behaupten würden, die Deutschen hätten 1904 die Konzentrationslager erfunden. Er nennt diese ?Halb-, Viertel- und Unwahrheiten?.

Doch so einfach will es nicht gelingen, anderen Wissenschaftlern Unkenntnis und Unseriösität in die Schuhe zu schieben. Verschiedene Historiker haben in jahrelanger Arbeit in Kolonialarchiven Erkenntnisse gewonnen. Dabei weisen sie den Völkermord zweifellos nach, doch differieren ihre Ergebnisse im Einzelnen. Keineswegs wird irgendwo behauptet, die Deutschen hätten die Konzentrationslager erfunden. Im Gegenteil: in den zahlreichen Publikationen wird deutlich gemacht, dass die britischen Kolonialherren schon zuvor ?concentration camps? hatten. Diese Tatsache entschuldigt aber nicht die von den deutschen Truppen errichteten Lager, deren Insassen zur Zwangsarbeit in Minen und auf Plantagen rekrutiert wurden. Sie starben massenweise an den miseralen Verhältnissen in den Lagern.

Ferner unterstellt Reith, dass die Untersuchungen dieser Historiker argumentativ direkt zur Vernichtung der Juden durch das NS-Regime führen würden. Auch hier hat er schlecht hingehört. Eine öffentlich ausgetragene Historikerdebatte gab es 2004 auf einer Tagung über die in Frage gestellte geistige Kontinuität zwischen Kolonialismus und den NS-Verbrechen. Gegner der These argumentierten, dass diese zwei Ereignisse derart singulär seien, dass die Gleichsetzung beide verharmlosen würde.

Immer wieder werfen die Kolonialnostalgiker Anderen vor, aus dem von den Alliierten verfassten, kriegspropagandistischen ?Blaubuch? oder aus DDR-Quellen zu zitieren. Wenn sie die neuen Publikationen lesen würden, würden sie feststellen, dass heute ganz andere Quellen zur Verfügung stehen, z.B. Direktmaterial aus den Archiven Windhoek, Swakopmund, die Bundes- und Bildarchive Koblenz, Bremen und Berlin. Und dazu zahlreiche amerikanische Untersuchungen seit den 1960er Jahren bis heute, um nur einige zu nennen. Der Herero- und Nama-Aufstand und der Völkermord gehören zu den am gründlichsten untersuchten Zeitabschnitten der deutschen Kolonialgeschichte.

Schaut man auf die Quellen, aus denen der Traditionsverband schöpft, zweifelt man doch eher an deren wissenschaftlichen Ausgewogenheit: es sind durchweg Beiträge von deutschen Truppenangehörigen der Kolonialzeit.


neuere Publikationen u.a.

- Alfred Babing: Namibia ? das Land der Sonne: von der deutsch-südafrikanischen Kolonie zu einem freien unabhängigen afrikanischen Staat, Berlin 2003

- Janntje Böhlke-Itzen: Kolonialschuld und Entschädigung: der deutsche Völkermord an den Hereros (1904-1907), Frankfurt 2004

- Andreas H. Bühler: Der Namaaufstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Namibia von 1904 bis 1913: Facetten der europäisch-überseeischen Begegnung, 2003

- Larissa Förster, Dag Henrichsen und Michael Bollig (Hrsg.): Namibia - Deutschland: eine geteilte Geschichte. Widerstand, Gewalt, Erinnerung, Köln 2004

- Jan-Bart Gewald: Herero Heroes: A Socio-Political History of the Herero of Namibia between 1890 -1923, Leiden 1996

- Gesine Krüger, Kriegsbewältigung und Geschichtsbewußtsein: Realität, Deutung und Verarbeitung des deutschen Kolonialkriegs in Namibia 1904 bis 1907, Göttingen 1999

- Willi Nikolay: Der Hereroaufstand von 1904 in Südwestafrika, in: Praxis Geschichte, 1/1993

- Günther Reeh: Hendrik Witbooi: ein Leben für die Freiheit; zwischen Glaube und Zweifel, Köln 2000

- Peter Scheulen: Die "Eingeborenen" Deutsch-Südwestafrikas : ihr Bild in deutschen Kolonialzeitschriften von 1884 bis 1918, Köln 1998

- Joachim Zeller: Wie Vieh wurden hunderte zu Tode getrieben und wie Vieh begraben. Fotodokumente aus dem deutschen Konzentrationslager in Swakopmund/Namibia 1904-1908, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 3/2001

- Jürgen Zimmerer / Joachim Zeller: Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg (1904-1908) in Namibia und seine Folgen, Berlin 2003

- Jürgen Zimmerer, Deutsche Herrschaft über Afrikaner. Staatlicher Machtanspruch und Wirklichkeit im kolonialen Namibia, Hamburg 2001

 
 Re: "rote" Thesen?
Autor: Arne 
Datum:   

Kai W. schrieb:> Immer wieder werfen die Kolonialnostalgiker Anderen vor, aus
> dem von den Alliierten verfassten, kriegspropagandistischen
> ?Blaubuch? oder aus DDR-Quellen zu zitieren. Wenn sie die neuen
> Publikationen lesen würden, würden sie feststellen, dass heute
> ganz andere Quellen zur Verfügung stehen, z.B. Direktmaterial
> aus den Archiven Windhoek, Swakopmund, die Bundes- und
> Bildarchive Koblenz, Bremen und Berlin. Und dazu zahlreiche
> amerikanische Untersuchungen seit den 1960er Jahren bis heute,
> um nur einige zu nennen. Der Herero- und Nama-Aufstand und der
> Völkermord gehören zu den am gründlichsten untersuchten
> Zeitabschnitten der deutschen Kolonialgeschichte.
>
> Schaut man auf die Quellen, aus denen der Traditionsverband
> schöpft, zweifelt man doch eher an deren wissenschaftlichen
> Ausgewogenheit: es sind durchweg Beiträge von deutschen
> Truppenangehörigen der Kolonialzeit.

Zweifel an der wissenschaftlichen Ausgewogenheit sind immer und überall erlaubt. Ich glaube allerdings, daß Berichte von Zeitzeugen, also Originärquellen eine vertrauenswürdigere Grundlage jeder Untersuchung sind (solange eine Vielzahl herangezogen wird), als offizielle Berichte, die anschließend in den Archiven abgegeben wurden.
Wir wissen doch alle, daß zu allen Zeiten nicht das an offizieller Stelle publiziert wird, was unbedingt wahr ist, sondern das, was "genehm" war ...oder ist. Sie werden mir da vielleicht in Bezug der Niederschriften von Franke zustimmen. Auf Archiveinsicht, also offizielle Dokumente darf natürlich nicht verzichtet werden, das will ich nicht ausdrücken.

Aber ich vertraue auf jeden Fall eher Zeitzeugenberichten als der dritten Interpretation der zweiten Zusammenfassung, der sechsten Bearbeitung <u>ausgewählter </u>Archivberichte, die Jahrzehnte später entstanden ist...
Arne

 
 Re: "rote" Thesen?
Autor: Thom 
Datum:   

Seltsamerweise vermisse ich bei allen Quellen die Stellungnahme von Brigitte Lau,die 1982 Forschungsbeauftragte der Namibianischen Regierung im National-Archiv in Windhoek war und leider 1996 bei einem Autounfall ums Leben kam. Und Frau Maria Fisch,, Regierungsethnologin (i.R)" in Windhoek, die die Untersuchungen von Frau Lau weitergeführt hat. Und Herr Klaus Lorenz, ehemaliger Oberstleutnant der Bundeswehr, der mit dem Wissen eines Militärs eine von der Universität Hamburg auch angenommen Magisterarbeit folgenden Titels geschrieben hat:"Die Rolle der Kaiserlichen Schutztruppe als Herrschaftsinstrument in Südwestafrika". Dort beschreibt er ausführlich und mit Sachkunde, daß die Kämpfe am Waterberg und Omaheke 1904 nichts mit einem Genozid zu tun hatten.

Alles nachzulesen in dem Heft Nr. 2001-01 "Befunde und Berichte zur Deutschen Kolonialgeschichte".

 
 "objektive" Thesen?
Autor: Kai W. 
Datum:   

Selbstverständlich bezog sich meine Argumentation auf Zeitzeugenberichte und nicht auf Interpretationen der zweiten oder vierten Generation der Sekundärliteratur.

Als ich schrieb, dass es falsch ist, sich lediglich auf Beiträge von deutschen Truppenangehörigen zu beziehen, meinte ich es auch so. Diejenigen, die die Kolonialgeschichte lediglich als Militärgeschichte der Deutschen betrachten, vergessen oder verschweigen, dass es umfangreiche Korrespondenzen und Berichte aus ganz anderen Quellen gibt:

- zwischen der Kolonialverwaltung und Berlin (Reichstag, Reichskanzler, Kaiser) (z.B. über den ?wirtschaftlichen Verlust? an (Zwangs)arbeitskräften, den das Massensterben in den Konzentrationslagern verursachte u.v.m.)

- zwischen Siedlern und Firmen und der Kolonialverwaltung (z.B. über Rekrutierung von Zwangsarbeitern aus den Lagern)

- Zeitzeugenberichte von Missionaren (die das grausame Vorgehen bei den Kämpfen und in den Konzentrationslagern anprangen oder gutheißen - je nachdem)

- von den Herero- und Namaführern Samuel Maharero,
Hendrik Witbooi (Briefe im Namibischen Nationalarchiv), Daniel Kariko, Traugott Tjienda u.a.

Warum sollten die Zeitzeugen vertrauenswürdiger sein als etwa die offizielle Berichterstattung? Die Tagebuchaufzeichnungen der einfachen Soldaten sind ja aus einer sehr subjektiven Sicht heraus entstanden und schwanken zwischen Hurra-Patriotismus, Verherrlichung des Krieges und Beschreibung der von der ?Schutztruppe? begangenen Grausamkeiten. Einigen kommt der Zweifel. Die Schriftstücke der Befehlshaber wiederum, etwa Leutweins, Deimlings, Trothas oder des Deutschen Generalstabwerks, sind auch nicht gerade die objektivste Quelle.

Alle zeitgenössich Beteiligten hatten ihre eigene Sicht. Deshalb kommt den Historikern die Aufgabe zu, die Aussagen zu entwirren und wissenschaftlich zu untersuchen. Wichtig ist dabei, alle Quellen und Dokumente zu Rate zu ziehen und nicht nur diejenigen der deutschen Truppen.

 
 Tagung Genozidforschung
Autor: Kai W. 
Datum:   

"Der Ausbruch des Kolonialkriegs des Deutschen Reiches gegen die Herero und Nama in der ehemaligen Kolonie Südwestafrika jährte sich 2004 zum hundertsten Mal. Aus diesem Grund fand in Berlin eine Konferenz zum Thema "Genocides: Forms, Causes and Consequences. The Namibian War (1904-08) in historical perspective" statt.
Drei Tage lang diskutierten 130 WissenschaftlerInnen aus aller Welt, wie der Genozid an der indigenen Bevölkerung Namibias in eine Globalgeschichte des Völkermordes eingeordnet werden kann, und welche Konsequenzen sich daraus für eine Vergleichende Genozidforschung ergeben. Mit der im Rahmen der Tagung erfolgten Gründung des "European Network of Genocide Scholars" (ENOGS) erfolgte ein wichtiger Schritt in der weiteren Etablierung und Entwicklung dieser noch jungen Disziplin."

Mehr zu dieser Tagung:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=724

 
 Re: Tagung Genozidforschung
Autor: Thom 
Datum:   

Was immer die verschiedensten Leute in der Welt mit wem wo besprechen: nach bisherigen Berichten kann man immer davon ausgehen, daß Vorurteile vorhanden sind.

Ich habe zwei Schriften aus Namibia von dort für die Regierung gearbeitet habende Deutsche Frauen zitiert, und auf die Schriften hingewiwsen. Offensichtlich will die keiner lesen, denn diese dürften wohl der Wahrheit näher kommen als Schriften von Europäern, die mal dort hingefahren sind, vielleicht
mit Namibiern gesprochen haben, ohne zu wissen welche Interessen diese hatten und vieles mehr. Bevor nicht jemand bereit ist, das zu lesen, was Frau Lau und Frau Schiff geschrieben haben, und Herr Lorenz als Fachmann als Magisterarbeit veröffentlicht hat, kann man mir sonst was erzählen.

Und wenn jetzt ein Kongreß stattfinded mit dem Theme "Wie der Genozid.....eingeordnet werden kann" dann lohnt es sich nicht, darüber zu diskutieren, denn die Fragestellung geht davon aus, daß ein Genozid stattgefunden hat.

Es lebe das Vorurteil.

 
 Re: Tagung Genozidforschung
Autor: A.E. 
Datum:   

halten Sie doch fest woran Sie immer schon geglaubt haben - das interessiert die 130 diskutierenden wissenschaftlerInnen nicht die bohne.
das vorurteil in person sind Sie selbst.

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