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 Wissmann
Autor: Josef M. Backerra 
Datum:   

1. Die geschichtliche Einführung stellt nicht sachlich dar, sondern will negativ
beeinflussen. Damit wird keine offene Frage gestellt, was unzulässig ist.
2. Wenn man etwas in der Geschichte negativ bewertet, muß zuvor die Faktendarstellung aus dem Verständnis der Zeit geschehen und der Vergleich zu zeitgleichen anderen Geschehnissen der Art erfolgen. Erst dann kann jeder selbständig urteilen.
3. Faktum ist, daß Wissmann den Sklavenhandel ausgeschaltet hat, was aus damaliger und heutiger Sicht wohl zu begrüßen war/ist, auch wenn dabei
die Kolonialherrschaft gefestigt wurde.
4. Faktum ist ferner, daß sich die deutsche Schutztruppe aus weit überwiegend
einheimischen Askaris im 1. Weltkrieg bis zum Ende gegen eine mindest zehnfache
feindliche Übermacht gehalten hat. Die Einheimischen müssen also schon
vorher gut behandelt worden sein, sonst wären sie bei der schlechten Lage
geflohen, was die wenigen deutschen Offiziere und Unteroffiziere nicht hätten verhindern können.
5. Faktum ist darüber hinaus, daß der spätere britische Gouverneur von Deutsch-Ostafrika berichtete, die Deutschen hätten "auf dem Gebiet des Schulwesens wahre Wunder" bewirkt, ein weiteres starkes Indiz dafür, daß die Einheimischen absolut oder zumindest im Vergleich zu anderen Kolonien menschenwürdig behandelt und gefördert wurden.
Summa summarum: Wissmann hat den Grundstein zu einer menschenwürdigen, für die damalige Zeit beispielhaft guten Herrschaft in Deutsch-Ostafrika gelegt.
Sein Denkmal soll daher stehen bleiben.

 
 Re: Wissmann
Autor: Thomas Morlang 
Datum:   

Sehr geehrter Herr Backerra,

dass die (angebliche) Treue der Askari während des 1. Weltkriegs ein Beleg für die gute Behandlung der übrigen Einheimischen durch die Deutschen sein soll, sehe ich nicht so. Die Askari waren Söldner, die im Vergleich zur übrigen Bevölkerung und den benachbarten Kolonialarmeen anderer Kolonialmächte außerordentlich gut bezahlt wurden. Außerdem erhielten sie zahlreiche Privilegien wie Steuerbefreiung und kostenlose medizinische Betreuung. In gewisser Weise "erkauften" sich die deutschen Kolonialherren also die Loyalität ihrer afrikanischen Soldaten.

Das gelang aber nicht bei allen Askari. Zwischen 1914 und 1918 desertierten von rund 17.000 afrikanischen Söldnern nach deutschen Angaben immerhin 2847. Und das, obwohl die Deutschen bald dazu übergingen, wieder aufgegriffene Deserteure zum Tode zu verurteilen und hinzurichten. Außerdem verloren Deserteure jeglichen Anspruch auf ihre Sparguthaben, die zum Teil recht beträchtlich waren. Denn während des Krieges wurde den Askari aufgrund der knappen Geldbestände in der Kolonie ihr Sold nicht ausbezahlt, sondern nur gutgeschrieben.

Mit besten Grüßen

Thomas Morlang

 
 Re: Wissmann
Autor: Arne Schöfert 
Datum:   

> Das gelang aber nicht bei allen Askari. Zwischen 1914 und 1918 desertierten
> von rund 17.000 afrikanischen Söldnern nach deutschen Angaben immerhin
> 2847.


Hallo Herr Morlang,
interessante Zahl. Die habe ich so noch nie gesehen.
Woher ist die?

Gruß
Arne Schöfert

 
 Re: Wissmann
Autor: Thomas Morlang 
Datum:   

Hallo Herr Schöfert,

die Zahl habe ich bei Ludwig Boell, Die Operationen in Ost-Afrika. Weltkrieg 1914-1918, Hamburg 1951, S. 427 gefunden.

Beste Grüße

Thomas Morlang

 
 Re: Deserteure
Autor: Arne Schöfert 
Datum:   


Guten Morgen Herr Morlang,
danke für die Information!

Mir war nicht bekannt, daß da im Verlauf der Krieges irgendwo ´drüber Buch geführt wurde und wenn, daß diese Aufzeichnungen auch erhalten geblieben sind.

Da das Buch im "Privatdruck der ehem. Afrikaner" erschienen ist, also quasi aus der Schutztruppe selbst stammt, dürfte die Zahl nicht von Schutztruppenkritikern aus der Luft gegriffen sein, sondern "Hand und Fuß" haben. Wirklich sehr interessant...

Schönen Gruß
Arne Schöfert

 
 Re: Deserteure
Autor: Stechapfel 
Datum:   

Hallo!

Wenn von 17.000 Söldnern 2847 desertiert sind, dann sind das knapp 17%. Das bedeutet - anders gesagt, dass 87 % der einheimischen angeworbenen Söldner hinter den Deutschen standen!!

Söldners Dienste werden übrigens IMMER erkauft, das ist Merkmal des Söldners und daran ist nichts verwerflich!

Interessant ist ein Artikel aus der FAS letzter Woche über den Bau der Ostafrika-Eisenbahn im ausgehenden 19. Jahrhundert, die Darassalem mit Kigoma (Tanganjika-See) verband.
1914 wurde die Bahn in Betrieb genommen.
Geplant waren weitere Strecken, z.B. nach Ruanda.

Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Kolonien aber an sogen. Mandatsträger aufgeteilt, nicht gerade zum Besten für das afrikanische Wohlergehen, wie auch Herr Morlang zugeben müsste.

 
 Re: Wissmann
Autor: Uwe Niederdraeing 
Datum:   

Dass Soldaten oder Soeldner, auch in groesserer Zahl desertieren, ist eigentlich nichts ungewoehnliches.

Interessant finde ich die Zusammensetzung der Kolonialtruppe.
Viele Soeldner kamen aus dem Sudan, und hatten ihre Ausbildung bei der englischen Truppe hjinter sich. Man ging davon aus, dass sich diese Truppe disziplierter verhalten wuerde, als etwa Einheimische. Harte strafe gegen jedwede vergehen waren ind er Deutschen Armee ueblich, waehrend etwa in der ottomanischen armee deserteure meistens nur ein paar Schlaege bekamen. allerdings war deise Armee im 19. Jahrhundert auch besonders ineffektiv.
Ich denke, dass all diese Dinge aber wenig Aufschluss ueber Teue und Sympathie, Loyalitaet und so weiter, ergeben. Selbst die Tatsache, dass viele Askarie spaeter noch von deutschland und der Armee schwaermten, ist wohl eher Nostalgie als eine Bestaetigung fuer irgendwas. Letztendlich denke ich, sind diese Ueberlegungen auch wenig ergiebig.
Dass Deutschland sich als Kolonialmacht bei den Einheimischen groesserer beliebtheit erfreute als jede andere Nation, ist allgemein bekannt. Exemplarisch moechte ich auf den Staat Togo hinweisen, der, als er aus der Fremdherrschaft entlassen wurde, an die Bundesrepublik die Bitte richtete, beimAufbau der Verwaltung zu helfen.

 
 Re: Wissmann
Autor: Stechapfel 
Datum:   

Interessanter Beitrag!

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